
Ein stabiler Standortfaktor
Der öffentliche Personennahverkehr im Landkreis Würzburg ist Teil der Daseinsvorsorge und wird seit 25 Jahren unter der Aufsicht des Kommunalunternehmens koordiniert. Seit der Übernahme wurde der Betrieb immer weiter optimiert und ist heute ein wichtiger Standortfaktor, der zur hohen Attraktivität der Region beiträgt.

Bereits vor 20 Jahren startete mit dem APG-RufBus der erste On-demand-Verkehr im Landkreis Würzburg.

Mittlerweile sind über 50 Prozent der Fahrzeuge mit WLAN ausgestattet, Tendenz steigend.
Viele Attribute tragen zur Attraktivität eines Landkreises bei. Eines davon ist der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Wie wichtig er ist, zeigen Stellenausschreibungen namhafter Unternehmen im Landkreis Würzburg, die den hiesigen ÖPNV als Benefit aufzählen. „Das zeigt, wie wichtig unsere Arbeit ist“, sagt Dominik Stiller. Er ist seit 2000 Leiter der Allgemeinen Personennahverkehrsgesellschaft, kurz APG, die den ÖPNV organisiert. Ihm zur Seite steht seit 2018 Dr. Sibylle Holste. Dank deren Arbeit ist der ÖPNV im Landkreis ein äußerst stabiles Konstrukt. „Wer heute Bus fährt, braucht nicht auf den Fahrplan zu schauen, weil es feste Taktzeiten gibt. Man nutzt ein modernes Beförderungsmittel, es gibt Niederflureinstiege, WLAN, Klimatisierung. Busfahren ist komfortabel“, sagt Dr. Holste. Vom Gewerbe zur Daseinsvorsorge Das war nicht immer so. Ende der 80er Jahre, ehe die APG aus der Konkursmasse eines insolventen Busunternehmens entstand, war die Nahverkehrswelt noch eine andere. „Zwar gab es Verkehrsgesellschaften, die verschiedene Linien bedienten, aber einen koordinierten ÖPNV gab es nicht“, erklärt Betriebsleiter Stiller. Erst nachdem das KU 1998 die Organisation in die Hand nahm, kam Bewegung ins Spiel. „Seitdem wird der ÖPNV nicht mehr als privates Gewerbe, sondern als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge betrachtet.“ Zunächst wurden die verkehrlich zusammenhängenden Buslinien in Korridoren zusammengefasst und die Genehmigungszeiten innerhalb dieser Korridore harmonisiert. Erst dadurch wurde eine wirtschaftliche Vergabe der Verkehre möglich. Eingesparte finanzielle Mittel wurden dann dazu genutzt, die Taktverkehre zu verdichten und das Angebot auszuweiten. Eine Marke, viele Busse Alle Busse tragen die einheitlichen Fahrzeugfarben Weiß und Grün, doch gehören sie unterschiedlichen Unternehmen. Neun Stück teilen sich die sieben sogenannten Linienkorridore, in die der Landkreis aufgeteilt ist. Die Konzession für einen Korridor wird für eine Dauer von acht bis zehn Jahren verliehen und danach neu ausgeschrieben. Jede Menge Bedingungen müssen erfüllt sein: wer wo fahren darf, welche Fahrzeugtypen zum Einsatz kommen, wie hoch die Entlohnung der Fahrer ausfallen muss, welches Betriebsleitsystem zu installieren ist oder welche Umweltstandards erfüllt sein müssen. Kommt ein Bus zu spät oder wird eine Haltestelle nicht angefahren, werden die Auftragnehmer entsprechend sanktioniert. Trotz all dieser Vorgaben ist das Angebot der APG für die Subunternehmer attraktiv. Die Taktung macht’s. Denn durch die regelmäßigen Fahrten sind die Fahrzeuge verlässlich ausgelastet, was verlässliche Kalkulationen erlaubt. Ein faires Geschäft.
2020 wurde das APG-Beratungscenter eröffnet. Hier erhalten Interessierte eine persönliche Beratung rund um den ÖPNV. Qualität hat für die APG eine hohe Bedeutung. Deshalb wird alljährlich der APG-Qualitätspreis an ein oder mehrere Busunternehmen verliehen, die sich in diesem Bereich besonders hervorgehoben haben. Die APG ist regelmäßig vor Ort in den Gemeinden, unter anderem bei Bürgerworkshops oder im Rahmen von Verkehrssicherheitstagen.




Vielfältige Ansprüche Nicht nur bei den Busunternehmen, auch bei den Kommunen muss die APG auf Ausgleich bedacht sein. Denn jede der 52 Landkreisgemeinden finanziert die APG über die Kreisumlage mit. Daraus erwachsen auch Ansprüche. „Alle Orte erwarten einen optimalen ÖPNV“, meint Dominik Stiller. Aber: Jede Gemeinde tickt anders. Stadtnahe verzeichnen mehr Fahrgäste als stadtferne. Einwohner von Gemeinden an Landkreisgrenzen pendeln bisweilen auch außerhalb des Verbundgebiets. Dennoch erwarten auch sie, in den Genuss aller Annehmlichkeiten zu kommen, die die APG bietet. Problematisch sind Orte, für die sich aufgrund zu geringer Fahrgastzahlen ein Taktverkehr schlecht abbilden lässt. Hier nutzt die APG den sogenannten RufBus, der auf Bestellung kommt. „Das gehört zum Grundauftrag dazu“, sagt Stiller. 170 Busse sind für die APG im Einsatz. Sie legen pro Jahr fünf Millionen Kilometer zurück und befördern zehn Millionen Fahrgäste. Das Liniennetz umfasst 27 Buslinien. Sie sind jahrzehntelang erprobt und erlauben kaum noch Spielraum, wenn es um Veränderungen geht. Stiller erklärt: „Nur ein Beispiel: Wenn wir in einem Ort eine neue Haltestelle errichten, erhöht das die Fahrtdauer bereits zugestiegener Fahrgäste aus einem anderen Ort.“ Da wäre Unmut absehbar. „Wir müssen uns also genau überlegen, was wir tun.“ Dennoch gibt es immer wieder Verbesserungsbedarf, etwa wenn in einem Ort ein neues Baugebiet entsteht, das bedient werden muss. Hierfür werden auch die Bürgerinnen und Bürger mit einbezogen. Per Haushaltsbefragung oder mit der Ausrichtung von Workshops zum Beispiel. Steigende Fahrgastzahlen Die Fahrgastzahlen steigen sicherlich auch deshalb, weil die APG in den vergangenen 25 Jahren vieles richtig gemacht hat. Nicht unerwähnt bleiben darf aber auch das gesellschaftliche Umdenken. „Wer Bus fährt, schont die Umwelt“, sagt Dr. Holste. Ein Bus ersetzt 30 Pkw – samt ihrer Abgase. „Zudem schont man seinen Geldbeutel und seine Nerven“, fügt Stiller an. Nicht selbst am Steuer sitzen müssen, keinen Parkplatz finden müssen, keine teure Autoreparatur zahlen müssen. Das wird immer mehr Leuten bewusst. Dennoch ist noch viel Luft nach oben. Aus diesem Grund hat die APG 2020 auch wieder ein Beratungscenter eröffnet. Hier kann man sich rund um den ÖPNV informieren.
Was die Zukunft bringt? Der Verbund wird weiterwachsen. 2017 wurde die Nahverkehr Mainfranken GmbH gegründet. Sie bereitet die Ausweitung des 2004 gegründeten Verkehrsverbunds Mainfranken vor, dem bisher Stadt und Landkreis Würzburg sowie die Landkreise Kitzingen (seit 2009) und Main-Spessart (seit 2013) angehören. Ab 2025 soll der flächenmäßig zweitgrößte Verkehrsverbund Bayerns entstehen, dem sich dann auch die Landkreise Bad Kissingen, Haßberge, Rhön-Grabfeld und Schweinfurt angeschlossen haben werden. Das Ziel der Gebietserweiterung: ein Netz, ein Fahrschein und ein einheitlicher Tarif für ganz Mainfranken.

Bereits seit mehreren Jahren ist der MaintalSprinter unterwegs, ein Bus mit eigenem Fahrradanhänger.