„Der Weg in den Pflegeberuf war definitiv eine gute Entscheidung.“
Marcel Wallrapp absolviert die neue generalistische Pflegeausbildung.
„Der Weg in den Pflegeberuf war definitiv eine gute Entscheidung.“
Interview mit dem Betriebsratsvorsitzenden Detlev Münz über die Anfänge, Veränderungen und Herausforderungen der letzten 35 Jahre.
In den Senioreneinrichtungen des Landkreises durchlaufen derzeit 20 meist junge Erwachsene eine Ausbildung in der Pflege, um später als Pflegehelfer/-in, Pflegeassistent/-in oder staatl. anerkannte Pflegefachkraft zu arbeiten – oder als Pflegefachfrau bzw. -fachmann, wie sich erfolgreiche Absolventen der neuen generalistischen Pflegeausbildung bezeichnen dürfen. Ist das quasi nur ein aufgefrischter Name für eine bekannte Ausbildung? Steckt mehr dahinter? Kann man diese Berufswahl empfehlen, zumal in Pandemiezeiten? Bettina Staudigel und Marcel Wallrapp stehen Rede und Antwort. Wer könnte das authentischer als eine berufserfahrene Pflegefachkraft und Praxisanleiterin und ein aktueller Azubi mit Vorkenntnissen in Sachen Pflege?
„Die Neuausrichtung bezieht sich sowohl auf bisher getrennte Ausbildungen in den Bereichen Altenpflege/Gesundheits- und Krankenpflege/Kinderkrankenpflege als auch auf die Struktur“, fasst Bettina Staudigel zusammen. Seit 2020 das Pflegeberufegesetz in Kraft getreten ist, muss sich niemand mehr bereits vor Lehrbeginn festlegen. „In den ersten beiden Lehrjahren gibt’s für alle einen gemeinsamen Lehrplan, unabhängig vom gewählten Vertiefungsbereich in der praktischen Ausbildung.“ Nach dem zweiten Ausbildungsdrittel stehen den Azubis zwei Wege offen: „generalistisch“ weitergehen bis zum Erwerb des europaweit anerkannten Berufsabschlusses Pflegefachfrau bzw. -fachmann oder einen gesonderten Abschluss in der Alten- oder Kinderkrankenpflege absolvieren.
„Die Neuausrichtung bezieht sich sowohl auf bisher getrennte Ausbildungen in den Bereichen Altenpflege/Gesundheits- und Krankenpflege/Kinderkrankenpflege als auch auf die Struktur.“
Bettina Staudigel
Während der dreijährigen Lehrzeit wechseln sich mehrwöchiger Blockunterricht (circa 45 Prozent) und praktische Ausbildung mit Pflicht- und wählbaren Einsätzen ab. Die Organisation übernimmt die Fachschule. Die Dienste erfolgen in unterschiedlichen Bereichen beim Ausbildungsträger und dessen Kooperationspartner(n). „Stationäre Akut-, Langzeit- und ambulante Pflege, pädiatrische und jugendpsychiatrische Versorgung – das sind einige der obligatorischen Stationen, die ein einzelnes Haus nicht alle unter seinem Dach hat“, erläutert Bettina Staudigel die Notwendigkeit von Kooperationen. Aus ihnen ergeben sich für die künftigen Fachkräfte wertvolle Chancen: Sie gewinnen Einblicke in andere Betriebe, können sich orientieren, vielleicht sogar Weichen stellen für ihre berufliche Zukunft.
Die Mitarbeiterin der Seniorenwohnanlage am Hubland in Würzburg ist überzeugt, dass die Vorgabe „mindestens zehn Prozent Praxisanleitung“ die Qualität der Ausbildung deutlich steigen lässt. Speziell dafür weiterqualifizierte Kräfte wie sie können den Berufsnachwuchs jetzt intensiver anleiten, begleiten, „oft sogar eins zu eins betreuen“. Zu den Pflichten der Praxisanleiter gehört, die verrichteten Arbeiten ausführlich zu dokumentieren und die Leistung des Azubis zu beurteilen. „Aufgabe erfüllt, Haken dran“, das reiche nicht, betont Bettina Staudigel. „Wir wollen auch einen Überblick darüber haben, wie sie erledigt wurde. Tat sich der Azubi dabei schwer? Ist er überfordert? Droht dadurch, dass er die Freude an der Ausbildung verliert? Das müssen wir erkennen, um frühzeitig gegensteuern zu können.“
|Zweiter Versuch
Wie wichtig Unterstützung und Erfolgserlebnisse sind, weiß Marcel Wallrapp aus eigener Erfahrung. Zwar sei er früher kein glänzender Schüler gewesen, habe aber schon früh gewusst, dass sein beruflicher Weg in die Pflege führen sollte. Nach dem Hauptschulabschluss wurde er Pflegehelfer und unternahm einen ersten Anlauf, um Fachkraft in der Altenpflege zu werden. „Der ging schief.“
Mit 26 Jahren startete der „Spätzünder“, Zitat Marcel Wallrapp, dann den zweiten Versuch Richtung Pflegefachmann. Die Ausbildung sei zwar trotz anderer Rahmenbedingungen immer noch herausfordernd. „Aber sie läuft echt gut, auch notenmäßig“, versichert der 27-Jährige beim Gespräch im Seniorenzentrum Eibelstadt gegen Ende seines ersten Lehrjahres. Das hat am 1. April begonnen, zur Zeit des ersten Corona-Lockdowns, während völlig neuer Probleme und Hygiene-Anforderungen wie das Maske-Tragen. Anfangs „war das schwierig“, aber daran habe er sich schneller gewöhnt als an beschränkte Kompetenzen: Als Azubi durfte er weniger selbstständig agieren als in seiner Zeit als Pflegehelfer.
Eine außergewöhnliche Situation, ein erschwerter Lehrzeitbeginn – seien ihm da Zweifel an der Richtigkeit des eingeschlagenen Wegs gekommen? Seinem breiten Lächeln müsste der junge Mann mit der einnehmenden Art eigentlich nichts hinzufügen. Er tut es doch: „Das war definitiv eine gute Entscheidung.“ Zumal er wunschgemäß in einem kleineren Haus arbeitet. Ihm gefällt die eher familiäre Atmosphäre in Eibelstadt. Mit allen circa 60 Bewohnern komme er „gut klar“, manche habe er etwas näher kennenlernen können. Der Hintergrund: Azubis im ersten Lehrjahr sind „zusätzliche“ Kräfte im Dienst; sie können Bewohnern mehr Zeit widmen als Kollegen, die mehr Verantwortung tragen.
Marcel Wallrapp arbeitet gerne in der Pflege, das spürt man bei den ungezwungenen Begegnungen im Haus. Er freut sich auf „seine“ Senioren, über ihr Lächeln, gemeinsame emotionale Momente, die ihm gezeigte Wertschätzung. Und sie freuen sich auf ihn, fragen nach ihm: „Wann kommt Marcel denn endlich mal wieder?“
Hintergrundbild: Marcel Wallrapp arbeitet gerne in der Pflege. Nach dem zweiten Lehrjahr hat er die Wahl, entweder den europaweit anerkannten Berufsabschluss als Pflegefachmann zu erwerben oder einen Abschluss in der Alten- oder Krankenpflege zu absolvieren.
Bettina Staudigel und Marcel Wallrapp: „Der Weg in den Pflegeberuf war definitiv eine gute Entscheidung.“