Wenn das Bett Stress auslöst
Während einer Reha können Patientinnen und Patienten ihrer Schlafstörung mit ärztlicher Hilfe auf den Grund gehen. Die Ursachen sind vielfältig.
Von 24 Stunden verbringen wir etwa ein Drittel im Bett. Aber schlafen wir auch wirklich gut? Millionen Menschen in Deutschland würden diese Frage wohl mit Nein beantworten. Schlafstörungen sind ein weitverbreitetes Phänomen – und oft auch ein gesundheitliches Problem. Denn wer abends nicht zur Ruhe findet oder nachts nicht mehr einschläft, leidet am Tag an Müdigkeit und geringerer Leistungsfähigkeit. Auf Dauer kann Schlafmangel Herz-Kreislauf-Beschwerden und Diabetes begünstigen und die Lebensqualität deutlich verschlechtern. „Schlafstörungen treten häufig bei Depressionen und Angsterkrankungen auf, aber auch im beruflichen Kontext, etwa bei einem Burn-out oder Mobbing“, erklärt Prof. Dr. Volker Köllner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Ärztlicher Direktor des Reha-Zentrums Seehof. Auch wenn Schlafstörungen eine psychische Erkrankung oft begleiten, rät er dazu, beides gezielt zu behandeln. Mit Verhaltens- und Bewegungstherapie sowie Entspannungsverfahren und meditativer Bewegungstherapie, wie etwa Qigong, stehen hochwirksame Verfahren zur Verfügung. Wenn im Rahmen der gesamtheitlichen Therapie ein Antidepressivum sinnvoll ist, sollte eines gewählt werden, das auch schlafanstoßend wirkt. Hier besteht im Gegensatz zu Schlafmitteln kein Abhängigkeitsrisiko. Auch körperliche Ursachen können Schlafschwierigkeiten verursachen. „Leider ist die Schlafapnoe in Deutschland noch immer unterdiagnostiziert“, sagt der Mediziner. Denn die Atemaussetzer bleiben nachts oft unbemerkt. Im Schlaflabor lässt sich ihnen aber auf die Spur kommen. Als Standardtherapie gelten spezielle Masken, die Luft in die Atemwege pumpen.
Schlafmittel langfristig nicht empfohlen Vielen Menschen fällt es abends schwer, abzuschalten und belastende Gedanken loszuwerden. „Ein sehr häufiges Problem ist auch eine Schlafstörung, die aus sich selbst heraus entsteht. Wenn das Bett zum Stressor wird, hält sie sich ganz allein am Leben“, erklärt Prof. Dr. Köllner. Wer sich unter Druck setzt, weil er nicht einschläft, dem gelinge es erst recht nicht. Auch die Vorstellung, man dürfe nachts nicht aufwachen, wenn man morgens fit sein wolle, führe zur Insomnie. „Wir werden alle nachts wach und schlafen normalerweise direkt wieder ein“, meint Köllner. „Nur wer sich darüber aufregt, dem gelingt das natürlich nicht.“ Gute Ergebnisse, dem Gedankenkarussell zu entrinnen, zeigt die kognitive Verhaltenstherapie. Fünf bis zehn ambulante Sitzungen reichen laut dem Mediziner in der Regel aus, um Techniken zu erlernen, die eine bessere Nachtruhe ermöglichen. Und Schlafmittel? Von einer langfristigen Einnahme rät Prof. Dr. Köllner ab: „Die meisten haben ein hohes Abhängigkeitspotenzial und wir haben keine guten Studiendaten über ihre Langzeitwirkung.“ Außerdem erhöhten sie das Risiko eines Sturzes. „Es stehen so gute nicht medikamentöse Behandlungsmaßnahmen bereit, dass Patientinnen und Patienten Schlaftabletten dauerhaft nicht benötigen.“ Neben der Verhaltenstherapie, Entspannung durch Meditation, autogenem Training oder progressiver Muskelrelaxation gehört dazu auch Bewegung, da sie ausgleichend wirkt. Als Ärztlicher Direktor des Reha-Zentrums Seehof hört Prof. Dr. Köllner auch von vielen seiner Patientinnen und Patienten, dass sie schlecht einschlafen oder nachts viele Stunden wach sind. Wenngleich sie in erster Linie aus anderen Gründen eine psychosomatische Reha besuchen, so lässt sich die Zeit in der Klinik auch nutzen, um der Schlafstörung auf den Grund zu gehen. Vor Ort steht ein Schlaflabor zur Verfügung. Ob Bewegungs- oder Atemtherapie, die Patientinnen und Patienten können ausprobieren, was ihnen hilft. Damit ein gesunder und erholsamer Schlaf auch auf Dauer gelingt.
5 Tipps: Wie Sie einen entspannten Schlaf fördern
• Verzichten Sie ab dem Nachmittag auf koffeinhaltige Getränke. Dazu gehören auch grüner Tee und Energydrinks. • Bewegung unterstützt einen gesunden Schlaf, allerdings powern Sie sich besser nicht kurz vor der Bettgehzeit aus. • Schaffen Sie ein Einschlafritual, zum Beispiel mit Meditation, Tagebuchschreiben, Lesen oder dem Hören von Entspannungsmusik. • Dunkeln Sie das Schlafzimmer ab und lüften Sie abends durch. Die optimale Temperatur liegt bei rund 18 Grad. • Vermeiden Sie es, nachts auf den Wecker zu schauen.