INTERVIEW
DREI GENERATIONEN DER FAMILIE GÖPFERT GEWÄHREN EINBLICKE
Karl F. und Siglinde Göpfert Esther Göpfert André Göpfert Marie-Luise Göpfert und Florian Göpfert
„Wir haben immer bestimmte Werte vertreten und versucht, diese auch vorzuleben, damit andere sie nachahmen können.“
KARL F. UND SIGLINDE GÖPFERT
„Wir haben immer bestimmte Werte vertreten und versucht, diese auch vorzuleben, damit andere sie nachahmen können.“

Wir sind zufällig in dieses Geschäft geraten, aber es hätte uns nichts Besseres passieren können.
Karl F. Göpfert
Wenn Sie morgens zur Arbeit fahren, welches Gefühl überkommt Sie dabei?
Siglinde Göpfert: Freude und Zufriedenheit. Ich freue mich jeden Tag, hierherfahren zu können.
Karl F. Göpfert: Wenn ich morgens in den Betrieb fahre, denke ich mir oft: Es war wohl doch nicht alles verkehrt, was ich gemacht habe. Welche Rolle spielen Sie beide im Unternehmen?
Siglinde Göpfert: Ich bin für den Einkauf zuständig, und das schon seit vielen Jahren. Anfangs waren wir nur ein kleines Team mit wenigen Leuten. Ich habe damals bei allem mitangepackt – tapezieren, dafür sorgen, dass es gut aussieht, Baupläne schneiden und mit Salmiak, welcher bei der Entwicklung von Zeichnungskopien benötigt wurde, kämpfen. Rückblickend zeigt sich, wie viel sich verändert hat. Heute übernehmen Computer viele Aufgaben, aber zu Beginn musste mein Mann noch die Programme von Hand schreiben, und ich habe sie dann auf Lochstreifen getippt. Wenn der letzte Anschlag falsch war, musste ich alles von vorne beginnen. Das war echte Pionierarbeit.
Karl F. Göpfert: Ich möchte das ergänzen – meine Frau ist immer sehr bescheiden: Hinter jedem starken Mann steht oft eine noch stärkere Frau. Sie haben das Unternehmen gemeinsam aufgebaut und dorthin gebracht, wo es heute steht. War Ihre Partnerschaft auch ein wichtiger Erfolgsfaktor?
Karl F. Göpfert: Das lässt sich definitiv so sagen. Wir haben immer bestimmte Werte vertreten und versucht, diese auch vorzuleben, damit andere sie nachahmen können. Das ist uns, denke ich, gut gelungen. Worauf können Sie sich bei Ihrem Mann immer verlassen?
Siglinde Göpfert: Wenn ich ihn brauche, ist er immer für mich da. Natürlich hat er gerade in den Anfangsjahren durch seine vielen Verkaufsreisen oft gefehlt, als ich die Kinder versorgen musste. Aber das hat immer gut funktioniert. Die Familie war immer meine oberste Priorität, weshalb wir auch viel nachts gearbeitet haben, wenn die Kinder schliefen.
Karl F. Göpfert: Ich sehe das genauso. Was meine Frau besonders auszeichnet, sind ihre Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit. Diese Eigenschaften haben uns immer zusammengeschweißt. Erinnern Sie sich noch an die Zusammenarbeit mit Ihrem Vater? Karl F. Göpfert: Ich sage immer, wir hatten hier im Unternehmen kein Generationenproblem. Ich durfte schon als Kind in der Werkstatt fegen – was man natürlich als Kind ungern macht. Aber es hat mich geprägt und ich habe nie gemurrt. Mein Vater und ich haben das Generationenthema ohne großes Aufheben gelöst. Wenn man als junger Ingenieur im Betrieb ist, will man natürlich vieles verändern.
Siglinde Göpfert: Es gab ja auch viele Herausforderungen.
Karl F. Göpfert: Und ich wollte das Rad immer wieder neu erfinden. Eines Tages sagte mein Vater zu mir: „Wenn du alles besser weißt, dann mach es doch besser.“ Damit übertrug er mir die gesamte Verantwortung für das Unternehmen. Wenn Sie auf die Geschichte Ihres Unternehmens blicken, was beeindruckt Sie am meisten?
Siglinde Göpfert: Dass wir es geschafft haben, aus einem kleinen Handwerksbetrieb mit nur vier oder fünf Mitarbeitern ein so erfolgreiches Unternehmen zu formen, trotz all der Herausforderungen, die wir überwinden mussten.
Karl F. Göpfert: Mich beeindruckt vor allem die Freiheit, die man als Unternehmer hat, um Dinge selbst zu bestimmen – aber auch die Verantwortung, die damit einhergeht. Wenn das Ergebnis dann so aussieht wie das Unternehmen heute, kann man wirklich zufrieden sein.

Ich hoffe, dass das Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich bleibt. Für meine Kinder und Enkel wünsche ich mir, dass sie ebenso ein glückliches Händchen haben wie wir.
Siglinde Göpfert
Was ging in Ihnen vor, wenn Sie eine Maschine zu Ende konstruiert hatten?
Karl F. Göpfert: Ehrlich gesagt, mit den damaligen Mitteln, alles auf Papier zu zeichnen, hatte ich immer eine gewisse Angst, dass etwas nicht funktioniert, weil man aus Zeitgründen auch immer nur Teile der Maschine konstruiert hat, aber nie das Ganze ansehen konnte, wie es heute auf CAD möglich ist. Als junger Ingenieur macht man natürlich Fehler. Wichtig war für mich, diese Fehler einzugestehen. Glücklicherweise hatte ich ein tolles Team, das mich unterstützt hat, und wir haben gemeinsam die Fehler behoben. Mit der Zeit wurden diese Fehler immer seltener.
Welche Maschine würden Sie als Ihr Meisterstück bezeichnen?
Karl F. Göpfert: Gibt es überhaupt ein Meisterstück von mir?
Siglinde Göpfert: Doch, es gibt mehrere. Besonders der SRE Boxmaker fällt mir ein – mit dem hast du etwas wirklich Großes geschaffen.
Karl F. Göpfert: Der Shortrun Boxmaker war definitiv ein evolutionärer Schritt für das Unternehmen. Mit dieser Maschine haben wir ein neues Feld erschlossen. Zwar resultierte daraus nicht der große finanzielle Erfolg, aber wir haben uns damit einen Namen gemacht. Der nächste Durchbruch kam mit der RDC Evolution, einer direkt angetriebenen Druck- und Stanzmaschine. Aber ob ich das als Meisterstück bezeichnen würde, weiß ich nicht.
Siglinde Göpfert: Ich finde schon. Es sind alles Meisterstücke. Deshalb stehen wir heute dort, wo wir sind.
An welche Glücksmomente in Ihrer Karriere erinnern Sie sich besonders gern?
Karl F. Göpfert: Für mich ist es immer wieder das Gefühl, wenn eine neue Maschine erfolgreich verkauft wird und der Markt das Produkt annimmt. Das ist für mich ein echtes Glücksgefühl.
Siglinde Göpfert: Glücksgefühle in diesem Sinn habe ich nicht. Aber ich bin glücklich darüber, dass es für uns so gut gelaufen ist. Was fasziniert Sie am Werkstoff Wellpappe?
Karl F. Göpfert: Wir sind zufällig in dieses Geschäft geraten, aber es hätte uns nichts Besseres passieren können. Nachhaltigkeit ist heutzutage wichtiger denn je, und Wellpappe ist ein Material, das in der Verpackungsindustrie nahezu unverzichtbar geworden ist. Es ist recycelbar und wird im Produktzyklus oft bis zu 90-mal oder sogar häufiger wiederverwendet. Der Trend hin zur Wellpappe wird sich künftig womöglich noch verstärken. Ist Ihnen auch deshalb um die Zukunft des Unternehmens nicht bange?
Karl F. Göpfert: Nein, in diesem Fall nicht. Wenn wir in der Kunststoffbranche tätig wären, würde es anders aussehen, weil Kunststoffe fossile Ressourcen und viel Energie benötigen und die Entsorgung ein ungelöstes Problem darstellt. Doch Wellpappe ist ein nachhaltiges Material. Wir haben nun über das Produkt geredet. Lassen Sie uns nun über die Menschen reden, die dahinterstehen. Was ist Ihnen persönlich wichtig im Umgang mit Ihren Mitarbeitern, Ihren Kunden, Ihren Lieferanten?
Siglinde Göpfert: Offenheit, Ehrlichkeit und keine Spielchen. Ich bin als Einkäuferin nicht der Typ, der sagt: „Entweder so, oder die Tür geht zu.“ Es geht um Geben und Nehmen und darum, das Beste herauszuholen. Klar und direkt zu sagen, was man denkt, ist für mich auch wichtig. Da müssen Sie mal meine Mitarbeiter fragen (lacht). Aber ich glaube, sie können mittlerweile gut mit mir umgehen.
Karl F. Göpfert: Du hast es gut gesagt: Ein partnerschaftliches Verhältnis zu den Kunden ist entscheidend. Sie müssen wissen, dass wir ein zuverlässiger Partner sind und schnell handeln, wenn es ein Problem gibt – ohne zuerst nach einer Auftragsnummer oder Bezahlung zu fragen.
Siglinde Göpfert: Und diese Verlässlichkeit erwarte ich auch von meinen Lieferanten. Ich kann mich immer auf sie verlassen – besonders in dringenden Situationen.
Karl F. Göpfert: Ein gutes Beispiel dafür war die Coronapandemie, in der viele Unternehmen Lieferengpässe hatten. Bei uns nicht, weil wir über Jahrzehnte hinweg gute, partnerschaftliche Beziehungen aufgebaut haben. Ist dieser Umgang mit Menschen auch ein geistiges Erbe, das Ihnen Ihre Eltern mitgegeben haben?
Siglinde Göpfert: Auf jeden Fall, was meine Eltern anbelangt. Mein Vater hat mich stark geprägt.
Karl F. Göpfert: Die Werte, an denen wir uns heute bei uns in der Familie orientieren, kommen vor allem von meiner Frau. Welche Ratschläge haben Sie Ihren Kindern gegeben?
Siglinde Göpfert: Wenige. Natürlich gebe ich Ratschläge, aber wozu? Es gibt ein Sprichwort: „Warum willst du deine Kinder erziehen? Sie machen dir sowieso alles nach.“
Karl F. Göpfert: Wenn du es richtig machst, ja.
Siglinde Göpfert: Bis jetzt klappt das gut. Sogar unsere großen Enkelkinder sind schon im Unternehmen tätig. Über 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind in Familienhand. Das zeigt die Bedeutung der Familie, auch in Ihrem Fall. Worauf muss man in einem familiengeführten Betrieb besondere Sorgfalt legen?
Karl F. Göpfert: Man muss auf jeden Fall sicherstellen, dass bestimmte Werte erhalten bleiben. Gerade heute, in der Diskussion über die Generation Z, sieht man, dass in vielen Unternehmen die Vermittlung dieser Werte verloren gegangen ist. Wir legen großen Wert auf Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Fleiß – gegenüber jedem und vor allem gegenüber unseren Kunden. Mir fällt dazu ein Spruch ein, der mich geprägt hat: „Überlege dir, wer dein Gehalt bezahlt – es ist der Kunde.“ Ihm gegenüber sind wir verpflichtet. Ohne Kunden fließt kein Geld. Ich könnte Ihnen noch viele weitere Prinzipien und Geheimnisse verraten, die für langfristigen Erfolg entscheidend sind. Es gibt vier wesentliche Punkte, die mich seit Beginn meiner beruflichen Laufbahn begleiten:
Erstens: Wir müssen die besten Maschinen in unserer Klasse entwickeln. Zweitens: Unser Ziel ist es, die zufriedensten Kunden zu haben. Drittens: Wir brauchen motivierte, gut ausgebildete Mitarbeiter. Viertens: Wir müssen einen herausragenden Service bieten, der weit über die Auslieferung einer Maschine hinausgeht.
Wenn wir diese Punkte konsequent umsetzen, kommen die Aufträge von selbst – vorausgesetzt, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Derzeit erleben wir eine Weltwirtschaftskrise, in der viele Unternehmen ihre Investitionen zurückstellen. Alle warten darauf, dass sich die Lage wieder stabilisiert.
Das ist eine Momentaufnahme. Wenn wir auf die längerfristige Zeitachse blicken: Was wünschen Sie dem Unternehmen und Ihrer Familie für die Zukunft?
Siglinde Göpfert: Ich hoffe, dass das Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich bleibt. Für meine Kinder und Enkel wünsche ich mir, dass sie ebenso ein glückliches Händchen haben wie wir.
Karl F. Göpfert: Wenn Unternehmen wachsen, ändern sich die Strukturen. Früher, als wir 50 oder 100 Mitarbeiter hatten, konnte man noch alle Entscheidungen direkt treffen. Gerade diese Entscheidungsfreudigkeit soll ein größeres Unternehmen nicht verlieren, weswegen man Menschen braucht, die sich trauen, Entscheidungen zu treffen. Glücklicherweise können wir als Familie agieren, was es uns erlaubt, im Familienrat schnelle Entscheidungen zu fällen, ohne Wirtschaftlichkeitsberechnungen anstellen zu müssen. Ein gutes Bauchgefühl ist oft entscheidend.
Siglinde Göpfert: Du meinst dein Bauchgefühl.
Karl F. Göpfert: Ja, aber das lässt sich leider nicht klonen.