60 Jahre Main-Klinik
Sechs Jahrzehnte Dienst am Menschen: eine Rückschau auf die bewegendsten Meilensteine
60 Jahre Main-Klinik
Sechs Jahrzehnte Dienst am Menschen: eine Rückschau auf die bewegendsten Meilensteine
„Viele Patienten kommen auch von weiter her in die Klinik, da sie das freundliche Personal sehr wertschätzen und die Behandlung an sich sehr gut finden. Das liegt auch daran, dass die Main-Klinik ein Lehrkrankenhaus ist und ein Austausch mit anderen Kliniken stattfindet. Dennoch geht es hier sehr familiär zu, wodurch ich mich als Schülerin gut aufgehoben fühle." Anna Schmidt, Pflegeschülerin
Wir schreiben das Jahr 1962: Die Kubakrise erreicht ihren Höhepunkt und die Beatles legen mit ihrer ersten Single „Love Me Do“ den Grundstein für ihre Weltkarriere. Konrad Adenauer regiert das Land, Fußball spielt man noch nicht in der Bundesliga und ein Brötchen kostet rund neun Pfennige. Deutschland bibbert im „Jahrhundertwinter“, der in Würzburg den Main komplett zufrieren lässt. Und in der Region Ochsenfurt hält der medizinische Fortschritt Einzug. Mit der Eröffnung der Main-Klinik auf dem Greinberg am 9. November 1962 begann ein neuer Abschnitt in der medizinischen Versorgung. Die Bewohnerinnen und Bewohner von Stadt und Landkreis erhielten ein Bauwerk, auf das sie „stolz sein dürfen“, wie es eine Broschüre aus dem gleichen Jahr formulierte, und das einen Meilenstein im Bereich der Versorgung und sozialen Leistung darstellte: Helle und lichte Architektur traf auf moderne medizinische Ausrüstung. Luxus allerdings wollte man vermeiden: Zweckmäßigkeit und Leistungsfähigkeit waren die Gebote der Stunde. Nicht nur Krankenversorgung, sondern auch das Wohl der Angehörigen spielte in den Augen der Planerinnen und Planer eine besondere Rolle. Das drückte sich nicht nur in eleganten Wartebereichen aus, sondern auch in den Patientenzimmern, die dem damaligen architektonischen und medizinischen Verständnis nach freundlich und hell gestaltet wurden, um den Patientinnen und Patienten einen „möglichst behaglichen“ Aufenthalt im Krankenhaus zu gewährleisten.
Die Klinik ist ein wesentlicher Bestandteil der medizinischen Infrastruktur der Region. Sie sichert die regionale Notfallversorgung und stellt einen Großteil der Ärzte für den boden- und luftgebundenen Notarztdienst. Außerdem bedingen sich Klinik und fachärztliche Versorgung gegenseitig. Unsere Werte – familiär, nah und fachkundig – haben wir uns dabei bis heute erhalten. Christian Schell, Geschäftsführer
Die Ochsenfurter sind stolz auf ihre eigene Klinik. Zu Recht, denn wir sind ein wichtiger Grundversorger im südlichen Landkreis. In den letzten 60 Jahren hat sich vieles verändert, die Menschen wurden mobiler und nehmen weitere Wege für spezielle Behandlungen auf sich. Wir reagieren darauf mit einer immer besser werdenden Vernetzung mit anderen Behandlern. Dr. med. Andreas Berglehner, Chefarzt Unfallchirurgie
| Medizinische Tradition in der Region „In Ochsenfurt hat die vor der Jahrhundertwende lebende Generation den Beweis angetreten, wie wichtig ihr die stationäre Krankenversorgung gewesen ist.“ Das Zitat aus der Festschrift zur Eröffnung der Main-Klinik aus dem Jahr 1962 verdeutlicht die lange Tradition der Gesundheitsfürsorge in Ochsenfurt. Sie begann nicht erst mit der Einrichtung des Distriktkrankenhauses im Jahr 1894 und dem angrenzenden Helblingschen Krankenhaus für Dienstboten, Gesellen und Lehrlinge. Bereits lange zuvor existierten zwei privat gestiftete Krankenhäuser. Ab dem 15. und 16. Jahrhundert pflegte man auch in Siechenhäusern und Seuchenhospitalen Arme und Kranke. Im Distriktkrankenhaus in der Uffenheimer Straße betreuten Schwestern der „Töchter des Allerheiligsten Erlösers“ die Kranken. Dem elsässischen Orden, seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Würzburg angesiedelt, standen dazu in großen Sälen 20 Betten für Männer, zehn Betten für Frauen und vier Isolierbetten zur Verfügung. Bis heute dient das Gebäude sozialen Zwecken: als Unterkunft für die Sozialstation und die Rettungswache Ochsenfurt des Bayerischen Roten Kreuzes.
Die Main-Klinik ist verlässlich. Sie ist ein großer Arbeitgeber; viele Praxen, Apotheken und Sanitätshäuser profitieren von unserer Arbeit. Ein großer Pluspunkt ist auch, dass wir den Menschen behandeln und nicht den Krankheitsfall. Hier herrscht kein Massenbetrieb. Das klappt deshalb so gut, weil wir uns alle zu 100 Prozent mit unserer Aufgabe und unserem Haus identifizieren. Dr. med. Joachim Stenzel, Chefarzt Innere Medizin
Wir leisten Patientenbehandlung auf sehr hohem Niveau. Patienten profitieren von neuen Behandlungsmethoden wie minimalinvasiven Eingriffen, wodurch sich die Behandlungszeit verkürzt und sie schneller genesen. Bei allem Fortschritt bewahren wir uns die Tradition, eine Regel- und Grundversorgungungsklinik zu sein, die zudem immer mehr Spezialfächer anbietet. Dr. med. Manfred Knopf, Chefarzt Anästhesie & Intensivmedizin
Gute Medizin gelingt nur mit gutem Personal. Die Main-Klinik hat den Wert ihrer Beschäftigten erkannt. Ich wünsche mir für unsere Mitarbeitenden, dass wir noch mehr Wertschätzung durch die Politik erfahren, die wir verdienen. Denn wir sind da, wenn die Menschen uns brauchen. Jürgen Zoeger, Betriebsratsvorsitzender
| Von der Innenstadt auf den Greinberg
Die Planungen des Jahres 1958 sahen zunächst vor, das bestehende Gebäude des Kreiskrankenhauses in der Uffenheimer Straße für die neue Klinik zu nutzen. Im Planungsverlauf setzte sich allerdings die Auffassung durch, dass sowohl die baulichen Begebenheiten als auch die Möglichkeiten zur späteren Erweiterung in der innenstädtischen Lage schwer zu realisieren seien. Als auch das Bayerische Innenministerium eine Renovierung des bisherigen Hauses ablehnte, wurden endgültig die Weichen für einen Neubau gestellt. Nach der Prüfung verschiedener Standorte, unter anderem auch auf der rechten Mainseite, erwies sich ein Gelände am Greinberg im Stadtteil Lindhard/Bärentalsiedlung als beste Option.
| Auch eine Frage des Geldes Bei heutigen Bauvorhaben wundern sich Außenstehende darüber, dass die endgültigen Bauten oft teurer sind, als vorab veranschlagt. Das war in den 1950er und 60er Jahren nicht anders. Die projektierte Bausumme von 4,3 Millionen D-Mark für das neue Krankenhaus samt Dienstwohnungsgebäude für die Mitarbeiter (was heute rund 2,2 Millionen Euro entspräche) wurde im Endergebnis etwa um eine Million D-Mark übertroffen. Diese Mehrkosten waren allerdings durch das damalige rasante Wachstum von Lohnkosten und Materialpreisen vorab in Betracht gezogen worden. Statt Kritik gab es von den Zeitgenossen viel Lob dafür, dass man sich nicht auf ein finanzielles „Abenteuer“ eingelassen habe, sondern das Bauvorhaben sehr eingehend und „auf breiter Basis“ geprüft habe. Die gründlichen Vorbereitungen spiegeln sich auch im eineinhalbjährigen Planungsprozess zwischen der Beschlussfassung zum Neubau und dem Baubeginn am 7. Dezember 1959 wider. In diesem recht kalten Frühwinter rückten erstmals Bagger an, um mit Erdarbeiten den Bauplatz vorzubereiten. Allerdings war hier kein Bauunternehmen am Werk: Stattdessen kamen US-amerikanische Pioniersoldaten mit ihren Räumgeräten zum Einsatz, was dabei half, die Baukosten weiter zu senken. | Hilfe aus der Luft
Ochsenfurt stellt heutzutage einen wichtigen Pfeiler im deutschen Luftrettungsnetzwerk dar: Mit rund 2.000 Einsätzen im Jahr zählt der Standort an der Main-Klinik in Ochsenfurt zu den am häufigsten zu Hilfe gerufenen in Deutschland. Mit 380 Flügen begann seine steile Karriere in der Luftrettung im Jahr 1980. Innerhalb von zwei Minuten nach einem Notruf kann der Helikopter in der Luft sein – und das jeden Tag von sieben Uhr morgens bis Sonnenuntergang. Auch Notärzte aus der Main-Klinik sind regelmäßig mit an Bord des Luftrettungshubschraubers „Christoph 18“, der seit 2011 vom ADAC betrieben wird. In rund 20 Minuten bringt er sie an bis zu 70 Kilometer entfernte Einsatzorte.
Die Mitarbeitervorteile, die die Main-Klinik durch den Verbund mit dem Kommunalunternehmen hat, sind mannigfaltig und umfassend. Mit dem Beginn der Generalsanierung um die Main-Klinik werden wir bald baulich moderner und auch in Zukunft gut aufgestellt sein. Julius Schmidt, Assistenzarzt
Die Main-Klinik sichert seit 60 Jahren die medizinische Versorgung in der Nähe. Alle, Patienten und Mitarbeitende, profitieren von den angesiedelten Fachbereichen rund um die Klinik. Alle unterstützen sich. Genau das macht auch die Main-Klinik aus: die gemeinsamen Aktivitäten und das familiäre Miteinander. Margit Dietsch, Verwaltung Patientenabrechnung
Prof. Dr. Alexander Schraml, seit 1998 Geschäftsführer der Main-Klinik Ochsenfurt
Für die Menschen in den ländlichen Gebieten ist die Main-Klinik sehr wichtig, da die Wege kurz sind und die meisten Patienten das „Familiäre“ wertschätzen. Dokumentation hin oder her, wichtig ist der Mensch, der Hilfe braucht. Uns allen wünsche ich – trotz der stetig wachsenden Arbeitsbelastung – gutes Durchhaltevermögen und viel Spaß weiterhin an diesem schönen Beruf. Stefanie Pfeuffer, stellvertretende Stationsleiterin
| Der nächste Meilenstein Im Laufe der Jahrzehnte wuchs die Main-Klinik mit den Anforderungen aktueller medizinischer Bedürfnisse und Methoden, so wie bei der Sanierung zwischen 1987 und 2002. Pünktlich zum Jubiläum des 60-jährigen Bestehens gibt es wieder einen großen Umbruch: Mit der Generalsanierung, die nach mehrjähriger, gründlicher Planungsphase 2021 gestartet ist, erhält die Main-Klinik ein neues Gesicht und ein zeitgemäßes Innenleben – denn ein Teil der heutigen Bausubstanz geht im Kern noch auf den Bau von 1962 zurück. Wie zur Zeit des allerersten Baus fließt dabei die Expertise aus unterschiedlichen Quellen in der neuen Klinik zusammen. Ein Höhepunkt der Planungen war der Bau eines Patientenzimmers mitsamt Badezimmer in Originalgröße. Beschäftigte der Klinik testeten das Modell auf Funktion und mögliche Probleme – rund einhundert Ideen und Änderungsvorschläge wurden daraufhin umgesetzt. Wenn die Sanierung mit ihren vier Bauabschnitten nach rund zehnjähriger Bauzeit beendet ist, steht den Menschen der Region, den Patientinnen und Patienten sowie den Mitarbeitenden nicht nur ein Krankenhaus zur Verfügung, das in Komfort und medizinischen Ansprüchen auf dem allerneuesten Stand ist, sondern sie werden auch einen Ort haben, auf den sie noch in Zukunft stolz sein können – ein Versprechen, das regelmäßig nicht erst seit 1962 eingelöst wird.
Was wäre wohl gewesen, wenn uns das Coronavirus 60 Jahre früher, im alten Krankenhaus, überfallen hätte? Wir hätten da sehr schlecht ausgesehen, nicht nur in Ochsenfurt. Schnelltests, Laboruntersuchungen, Behandlungsmethoden – all das gab es nicht oder nur in sehr begrenzter Form. Damit wären wir schweren Verläufen machtlos gegenübergestanden und hätten viele Tote beklagen müssen. Es war damals fast alles anders als heute und der Krieg mit seinen Zerstörungen noch gar nicht so lange vorbei. Für die Routinearbeit gab es kein Einmalmaterial, keine Schutzkleidung, nicht einmal Einmalhandschuhe. Umso mehr ist anzuerkennen, was Freistaat, Landkreis und das Kommunalunternehmen geleistet haben, um die Main-Klinik dem Fortschritt anzupassen. Dr. Edgar Ruhl, ehemaliger Chefarzt Innere Medizin