Die Senioren-Lobbyisten
Seit zwölf Jahren begleitet und koordiniert das Kommunalunternehmen die Entwicklungen von Seniorenvertretungen in den 52 Orten des Landkreises Würzburg. Mit Erfolg: Nie hatten Seniorinnen und Senioren mehr zu sagen, nie fanden sie mehr Gehör.
„Es braucht engagierte Menschen, die ihre Gemeinde kennen und Lust am Gestalten haben“: der neu gewählte Seniorenbeirat in Kürnach.

„Es braucht engagierte Menschen, die ihre Gemeinde kennen und Lust am Gestalten haben“: der neu gewählte Seniorenbeirat in Kürnach.
Die Senioren-Lobbyisten
Seit zwölf Jahren begleitet und koordiniert das Kommunalunternehmen die Entwicklungen von Seniorenvertretungen in den 52 Orten des Landkreises Würzburg. Mit Erfolg: Nie hatten Seniorinnen und Senioren mehr zu sagen, nie fanden sie mehr Gehör.
Der demografische Wandel verändert die Altersstruktur unserer Gesellschaft. Mit einem Durchschnittsalter von 45,7 Jahren hat Deutschland die zweitälteste Bevölkerung innerhalb der Europäischen Union. Der Anteil der Älteren wächst und damit ihre Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen. Vorausschauend handelten die Verantwortlichen aus Stadt und Landkreis Würzburg bereits 2010 und verfassten in Zusammenarbeit mit Experten und Fachstellen das „Seniorenpolitische Gesamtkonzept“. Darin geht es neben der Ermittlung des künftigen Pflegebedarfs oder von Wohn- bzw. Versorgungskonzepten im Alter auch um neue Möglichkeiten der Teilhabe von Seniorinnen und Senioren. Ein Baustein dafür sind die Seniorinnen und Senioren. Ihre Mitarbeit auf kommunaler Ebene kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, weshalb mittlerweile 49 von 52 Landkreisgemeinden mindestens einen Seniorenvertreter, Ansprechpartner für Seniorenfragen oder einen Seniorenrat bzw. -beirat bestellt hat. Was klein begann, ist vielerorts gewachsen und etabliert. Seit 2014 gibt es deshalb im Landkreis Würzburg die Fachstelle für Seniorenfragen, die durch das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg gestellt wird. Tobias Konrad, Leiter der Abteilung Senioren im Kommunalunternehmen, erklärt: „Bei der Vielzahl an Akteuren umfasst die Arbeit eine hohe Zahl an koordinierenden und vernetzenden Aufgaben. In Dutzenden Orten gibt es längst mehr als einen Seniorenvertreter. Oder es gibt gleich ganze Seniorenbeiräte. Sie zu unterstützen ist unsere Aufgabe. Gleichzeitig sind die kommunalen Seniorenvertreter für uns das direkte Sprachrohr in die jeweilige Gemeinde und damit zu den Bürgerinnen und Bürgern.“

„Viel auf den Weg gebracht“: der Seniorenrat in Rimpar
Seniorenbeiräte sind Gremien, die sich aus mehreren Seniorenvertretern zusammensetzen und direkt an den Gemeinderat berichten. Zuletzt wurde in Kürnach ein solcher Beirat aus der Taufe gehoben. „Der Anteil an Seniorinnen und Senioren in Kürnach steigt, daher ist es wichtig, dass deren Interessen in der Kommunalarbeit vertreten werden“, sagte Bürgermeister René Wohlfart bei der Sprecherwahl. Er hatte 2019 den Prozess in Bewegung gesetzt, indem er die Schaffung einer Seniorenvertretung forderte. Unterstützung bei der Ausgestaltung des neuen Gremiums erhielt der Ort aus der Nachbargemeinde Rimpar. Dort gibt es seit 2008 Seniorenvertreter, die sich in einem „Seniorenrat“ zusammengeschlossen haben. Längst ist er aus dem Ortsleben nicht mehr wegzudenken. Das belegt auch die hohe Beteiligung bei der letzten Wahl von fast 50 Prozent der wahlberechtigten Über-60-Jährigen. „Wir haben viel auf den Weg gebracht“, sagt Sprecher Peter Zier. Zusammen mit seinen fünf Kolleginnen und Kollegen kümmert er sich um eine bessere Teilhabe am Ortsgeschehen. Zur Verfügung stehen ihnen dabei eine ganze Reihe an Möglichkeiten: etwa das Recht, an Sitzungen des Gemeinderats teilzunehmen, Stellungnahmen abzugeben oder eigene Initiativen zu starten. Eine Homepage stellt den Rat vor und berichtet über Aktionen. In „Rimpar aktuell“, dem Mitteilungsblatt der Marktgemeinde, belegt der Seniorenrat eine eigene Seite. Ein Budget von 500 Euro im Jahr verschafft ihm zusätzliche Handlungsmöglichkeiten. Die Fragen, die Senioren bewegen, sind vielfältig: Gibt es im Ort ein öffentliches WC? Wie gelangt man ohne Auto zum Supermarkt in der Peripherie? Sind öffentliche Plätze und Einrichtungen barrierefrei? „Oft sind es Kleinigkeiten, eine Treppenstufe oder ein unebenes Pflaster, an die jüngere Menschen nicht denken, die Älteren aber das Leben schwermachen“, berichtet Peter Zier. Für Vorschläge aus der Bevölkerung hat der Seniorenrat stets ein offenes Ohr. Auf den Weg gebracht wurde vieles: Von der Nachbarschaftshilfe über den Bürgerbus bis hin zum behindertengerechten Zugang zum Rathaus.
„Seniorenverteter sind das direkte Sprachrohr in die Gemeinde und damit zu den Bürgermeistern und Bürgern.“
Tobias Konrad, Abteilung Senioren Das Kommunalunternehmen

Nach der Wahl des Seniorenbeirats Anfang des Jahres in Kürnach nahm dieser gleich seine Arbeit auf.
In Kürnach soll nun das Gremium eine ebenso erfolgreiche Arbeit aufnehmen. Zum Sprecher des siebenköpfigen Gremiums wurde Edgar Kamm gewählt. Wie so viele Seniorenvertreter in den Gemeinden ist auch er im Ort verwurzelt und stark engagiert. Der ehemalige Dritte Bürgermeister der Gemeinde sieht die Aufgabe des Beirats in aktiver Mitgestaltung. „Senioren sind aktiv, haben eigene Interessen und sind unternehmungslustig“, sagte er nach seiner Wahl. Und sie machen einen immer größer werdenden Teil der örtlichen Gemeinschaft aus. Der Beirat möchte deshalb kein zusätzlicher Verein oder Seniorenkreis sein. Sondern Sprachrohr für über 1300 Bürger der Gemeinde. Dem Landkreis Würzburg ist daran gelegen, dass diese zwei Beispiele Schule machen und Menschen in anderen Gemeinden motivieren, sich zu engagieren. „Wer Seniorenvertreter wird, tut dies ehrenamtlich und in seiner Freizeit. Deshalb braucht es hier engagierte Bürger, die ihre Gemeinde kennen und Lust am Gestalten haben“, erklärt Tobias Konrad. Der Landkreis Würzburg trug und trägt einen großen Teil zur erfolgreichen Entwicklung der Seniorenvertretungen bei. Klar ist aber auch: Seniorenpolitik kann stets nur eine Momentaufnahme sein. Eine sich verändernde Gesellschaft braucht in fünf Jahren möglicherweise andere Antworten auf die sozialen Herausforderungen als heute. Das Seniorenpolitische Gesamtkonzept ist daher auch im Fluss. 2016 wurde es zuletzt überarbeitet. Aktuell erscheint das Werk zum dritten Mal neu. Auch darin werden die Seniorenvertreter Erwähnung finden – und mit ihnen die Erfolge, die sie erreicht haben.