Selbstbestimmt in allen Lebenslagen
Wer sich frühzeitig um Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht kümmert, bestimmt selbst, was im Fall der Fälle zu tun ist. Das kann schon in jungen Jahren wichtig werden, da Schicksalsschläge wie Unfälle und Krankheiten alle betreffen können. Die Betreuungsstelle am Landratsamt Würzburg hilft in allen Fragen und nimmt den Beratungssuchenden Ängste ab.
Wer bestimmt, wenn ich aufgrund meines gesundheitlichen Zustands nicht mehr selbst entscheiden kann? Darüber denken viele nur ungern nach, weiß Eberhard Blenk, Diplom-Sozialpädagoge und langjähriger Leiter der Betreuungsstelle des Landratsamts Würzburg. Doch vorsorgen lohnt sich: „Mit einer Patientenverfügung sowie einer Vorsorgevollmacht kann man frühzeitig dafür sorgen, dass auch in diesem Fall nach den eigenen Wünschen gehandelt wird. Das gibt einem selbst Sicherheit, aber auch den Ärzten und Angehörigen.“
Selbst wenn man darauf vertraut, dass Angehörige wie Ehepartner oder Kinder im Ernstfall den eigenen Willen vertreten, können diese ohne die entsprechenden Dokumente nämlich keine rechtlich verbindlichen Entscheidungen treffen. „In diesem Fall muss das Betreuungsgericht einen Betreuer bestellen“, erklärt Blenk, der selbst vor wenigen Wochen in den Ruhestand getreten ist. Dieses Verfahren nimmt einige Zeit in Anspruch, da der Betroffene sowohl vom Richter als auch von der zuständigen Betreuungsbehörde zur persönlichen, gesundheitlichen und sozialen Situation befragt werden muss. Demnach würde mit Blick auf eine immer älter werdende Bevölkerung ohne Vorsorgevollmachten viel Arbeit auf die Betreuungsgerichte zukommen. Umso wichtiger ist es, dass Betreuungsstellen über das Thema informieren. „Da Schicksalsschläge wie Unfall oder Krankheit auch junge Menschen treffen können, ist es aber eigentlich kein reines ‚Altersthema‘“, sagt Blenk.
Ängste nehmen und informieren – die wichtigsten Punkte im Beratungsgespräch.
| PATIENTENVERFÜGUNG UND VORSORGEVOLLMACHT – DER UNTERSCHIED
Doch was ist für mich das Richtige – eine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht? „Bestenfalls besitzt man beides“, so Blenk. „Denn in einer Patientenverfügung hält man nur seine Wünsche zu medizinischen Angelegenheiten fest.“ Damit diese wirksam ist, sollte man Behandlungen und Krankheitsbilder möglichst konkret benennen. Vage formulierte Sätze wie: „Ich wünsche keine lebensverlängernden Maßnahmen“ sind laut Bundesgerichtshof ungültig. Unerwünschte medizinische Maßnahmen müssen konkret aufgelistet werden, beispielsweise: keine künstliche Ernährung, künstliche Beatmung oder Bluttransfusion.
„Mit einer Vorsorgevollmacht hingegen legt man eine oder mehrere Vertrauenspersonen fest, die den Betroffenen in allen rechtlichen Belangen vertreten“, sagt Blenk. Dabei kann man jedoch entscheiden, ob man diese als Generalvollmacht erteilt oder sich nur auf bestimmte Bereiche wie Gesundheit bzw. Pflegebedürftigkeit oder Vermögenssorge beschränkt. Blenk weist darauf hin, dass der Begriff „Betreuer“ besonders im Gesundheits- und Pflegebereich missverständlich ist. Eine Person, die für die rechtliche Betreuung ausgewählt wurde, ist nicht unbedingt diejenige, die im Ernstfall auch die gesundheitlich-pflegerischen Aufgaben übernimmt.
In der Vorsorgevollmacht geht es rein um rechtliche Angelegenheiten. Blenk erklärt dies gerne an einem fiktiven Beispiel: „Bin ich als Betreuer für meinen an Demenz erkrankten Vater zuständig, muss ich nicht meinen Job aufgeben und ihn pflegen, sondern mich lediglich um eine angemessene pflegerische Versorgung kümmern.“ Denn die Organisation und Vermittlung von Diensten und Hilfen ist eine der Kernaufgaben eines Betreuers.
Die Betreuungsstelle am Landratsamt Würzburg hilft in allen Fragen rund um Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung weiter (v.l.): Eberhard Blenk, Gabriele Kornberger und Christina Kreissl.
Zum Team gehören auch Ulrich Gotthard und Sabrina Blättner.
| SELBSTBESTIMMUNG STATT ENTMÜNDIGUNG
Trotz der positiven Aspekte einer Vorsorgevollmacht kommen häufig Menschen mit Bedenken zu Blenk und seinen Kollegen in die Betreuungsstelle, welche ab Herbst in die „Servicestelle Soziale Leistungen“ integriert sein wird. Häufig sind die Klienten der Annahme, dass sie sich mit einer Vollmacht selbst entmündigen. Da im Betreuungsrecht die Selbstbestimmung des Betroffenen über allem steht, ist laut Blenk jedoch genau das Gegenteil der Fall. „Dann heißt es für uns: Ängste nehmen und informieren.“ Denn Betreuer oder Bevollmächtigte werden nur dann aktiv, wenn tatsächlich eine Hilfsbedürftigkeit vorliegt, und werden nur für die Bereiche eingesetzt, um die sich der Betroffene nicht mehr selbst kümmern kann. Je nach Umstand wird diese Bedürftigkeit spätestens nach sieben Jahren überprüft. Weitreichende Entscheidungen bedürfen zusätzlich einer Zustimmung des Betreuungsgerichts, wie das oben erwähnte Beispiel zeigt: „Hat sich der Zustand meines an Demenz erkrankten Vaters deutlich verschlechtert, sodass er in ein Heim muss, kann ich die Wohnung nicht einfach auflösen. Das Betreuungsgericht prüft erst, ob der Schritt tatsächlich nötig ist und ob mein Vater nicht doch in absehbarer Zeit wieder in seine Wohnung zurück könnte. Schließlich bildet eine Wohnung einen zentralen Lebensbestandteil.“
Sollte sich beispielsweise die Beziehung zur Vertrauensperson oder Einstellung zu medizinischen Maßnahmen geändert haben, können Vorsorgevollmacht und Patientenverfügungen jederzeit angepasst werden, solange man selbst einwilligungsfähig ist. Bei beiden Dokumenten reicht es aus, die neueste Version mit Datum und Unterschrift zu versehen. „Denn gültig ist immer das Original-Dokument mit dem neuesten Datum“, erklärt Blenk. „Damit im Ernstfall diese Dokumente schnell vorgelegt werden können, sollten Vertrauenspersonen jedoch über Änderungen und den Aufbewahrungsort informiert sein.“ Zusätzlich kann man die Unterschrift auch bei der Betreuungsstelle beglaubigen lassen und die Vollmacht gegen eine geringe Gebühr im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen. Eine notarielle Beurkundung ist nur dann nötig, wenn die genannte Person auch zum Erwerb oder zur Veräußerung von Grundstücken und Eigentumswohnungen bevollmächtigt werden soll.
Weitere Infos
Wie die Betreuungsstelle Ihnen helfen kann:
- Beratung zu Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen
- Beratung zu betreuungsvermeidenden Hilfen wie Pflegediensten oder psychologischen Beratungsstellen
- Öffentliche Beglaubigung von Unterschriften auf Vorsorgevollmachten
- Fortbildungsangebote für Betreuer und Bevollmächtigte
- Beratung bei Problemen von laufenden Betreuungen und Bevollmächtigungen
Betreuungsstelle im Landratsamt Würzburg
Telefon: 0931 8003-5770
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