Michael Wink möchte das Hagener Modell jedoch nicht kopieren, sondern in Ochsenfurt noch weiter verfeinern. Dabei spielen ihm auch Entwicklungen beim Lehrmaterial in die Hände. Für die neue Schule ist ein sogenanntes Simulationszentrum geplant. Hier sollen Schüler möglichst realitätsnah mit Pflegesituationen konfrontiert werden. Möglich macht das eine Pflegepuppe, die über eine Art Regieraum gesteuert wird und somit mit den Lernenden interagieren kann, beispielsweise durch Sprache, Veränderung der Vitalzeichen usw. Dazu wird das Ganze noch per Video aufgezeichnet. So lässt sich im Nachgang detailliert und objektiv analysieren, ob zum Beispiel Handgriffe richtig sitzen oder Hygienevorschriften eingehalten wurden. Gezielte Lernentwicklungsgespräche und Evaluationen, aus denen sich individuelle Lernstrategien ableiten lassen, stellen laut Michael Wink ebenfalls einen sehr wichtigen Bestandteil der Philosophie an der Ochsenfurter Pflegeschule dar. „Dabei ist die vergleichsweise geringe Größe von Vorteil“, so Juliane Selsam. Zu Beginn starten 26 Schüler, davon etwa fünfzehn aus der Main-Klinik, sieben weitere aus den Senioreneinrichtungen und vier aus anderen Pflegeeinrichtungen, in die Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann, wie sich der Zweig seit dem 2017 verabschiedeten Gesetz zur Reform der Pflegeberufe nennt. Auch in dieser Generalisierung der Ausbildung sieht Juliane Selsam einen großen Vorteil für die neue Schule: „Komplett bei Null anzufangen, ist natürlich eine große Herausforderung. Im Vergleich zu Schulen, die schon länger bestehen, müssen wir uns aber nicht erst von verkrusteten Strukturen lösen.“ Schule, Lehrplan und Lehrerschaft sind somit kompromisslos auf die generalisierte Ausbildung ausgerichtet.

| Was man als Schüler mitbringen sollte

Fragt man Juliane Selsam und Michael Wink, was Pflegeschüler mitbringen sollen, sind sich beide sofort einig: „Auf jeden Fall sollte man ein Menschenfreund, neugierig und offen für Neues sein.“ Noten sind laut Michael Wink zweitrangig. Schließlich wisse man nicht, wie sie entstanden seien: „Vielleicht ist in dem Zeitraum die erste Liebe zu Bruch gegangen, weshalb man seine eigentlichen Fähigkeiten nicht zeigen konnte.“ Deshalb setzt er neben dem Bewerbungsgespräch auf eine Potentialanalyse, um festzustellen, ob jemand im Wesentlichen die Grundkompetenzen für das Absolvieren einer erfolgreichen Pflegeausbildung mitbringt. Vorab ein Praktikum in der Pflege zu absolvieren, ist ebenfalls keine Pflicht. „Viele wissen einfach, dass der Pflegeberuf genau das Richtige für sie ist“, erklärt Michael Wink. Wer sich jedoch unsicher ist, kann gerne die Schnuppertage in der Main-Klinik und den Senioreneinrichtungen des Landkreises besuchen.

Hintergrundbild: Pflegepädagogin Maria Diaz-Aznar mit den Pflegeauszubildenden Franziska Freund (links) und Michelle Schenker bei der praktischen Arbeit mit der steuerbaren Pflegepuppe.