„Es darf keinen Unterschied machen, wo man stirbt.“
Mehr Schwerstkranke, mehr Sterbende: Was die Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg im Bereich Palliativ- und Hospizpflege leisten.
„Es darf keinen Unterschied machen, wo man stirbt.“
Mehr Schwerstkranke, mehr Sterbende: Was die Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg im Bereich Palliativ- und Hospizpflege leisten.

Auch in Pflegeheimen ist Sterben und Abschiednehmen ein Teil des Lebens. Der Anteil an verhältnismäßig jungen, rüstigen Menschen nimmt in den Einrichtungen ab, und Hospizplätze sind nur begrenzt verfügbar. „Jedes Jahr verstirbt rund ein Drittel unserer Bewohner“, sagt Matthias Rüth, Geschäftsführer der Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg. „Bei der Begleitung in der letzten Lebensphase haben wir schon viel geleistet. Trotzdem müssen wir uns ständig überlegen, was wir noch verbessern können.“ Seit April 2016 sorgt deshalb Melanie Ziegler dafür, die Palliativ- und Hospizversorgung in den Pflegeeinrichtungen noch besser zu koordinieren.
Darauf, dass die Pflegeheime zunehmend eine Schlüsselrolle bei der Versorgung schwerst- und unheilbar kranker Menschen spielen, hat auch der Gesetzgeber reagiert. „Seit 2016 sind die Pflegeheime verpflichtet, für Bewohner, die eine Palliativpflege brauchen, noch besser zusammenzuarbeiten.“ Das Gesetz sieht Koordinationsstellen wie die von Melanie Ziegler zwar vor. Die Finanzierung ist bisher aber noch nicht geregelt. „Wir sind hier in Vorleistung gegangen, weil uns das Thema wichtig ist und Frau Ziegler für uns die optimale Besetzung war“, berichtet Matthias Rüth.

| Spezialisten, Seelsorger, Ehrenamtliche
Zwar sind die Pflegeheime personell und finanziell deutlich schlechter ausgestattet als die Hospize. „Trotzdem darf es keinen Unterschied machen, wo jemand stirbt“, so Matthias Rüth. Er setzt daher auf die Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter. „In jedem Haus muss es mindestens eine Fachkraft mit Weiterbildung in der Palliativpflege geben“, ergänzt Melanie Ziegler, die die sogenannten Palliative-Care-Fachkräfte koordiniert. Außerdem arbeiten die Einrichtungen mit dem Malteser-Hospiz-Dienst, dem spezialisierten ambulanten Palliativ-Versorgungs-Team des Würzburger Juliusspitals und der Uniklinik sowie mit Seelsorgern und Ehrenamtlichen zusammen. Medizinisch versorgt werden die Bewohner von über hundert Hausärzten, die in die insgesamt sieben Pflegeheime kommen. „Wenn nötig, holen wir spezialisierte Ärzte hinzu“, so Melanie Ziegler, die auch regelmäßig an Treffen des Palliativnetzwerks Würzburg teilnimmt.
| Sterben in Würde – wie geht das?
Jeder Mensch möchte in Würde sterben. Aber wie das aussieht, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern bedeutet für jeden etwas anderes. Deshalb sei es zunächst einmal wichtig, offen mit dem Thema umzugehen, so Matthias Rüth: „In unseren Häusern ist Sterben kein Tabuthema. Auch wenn man damit natürlich sehr sensibel umgehen muss.“ „Palliativversorgung ist nicht nur Sterbebegleitung, sondern fängt viel früher an“, ergänzt Melanie Ziegler. Deshalb wird rechtzeitig darüber gesprochen, ob es besondere Wünsche im Zusammenhang mit dem Sterben gibt. Wer soll gerufen werden? Wie soll man mit Schmerzen umgehen? Gibt es besondere religiöse oder individuelle Rituale? Soll ein Seelsorger dazukommen? Ist der Kontakt zu einer Hospiz-Einrichtung erwünscht? Und gibt es eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht? „Solche Dinge sollte man frühzeitig klären. Wenn man wartet, bis der Bewohner sich nicht mehr äußern kann, ist es zu spät“, sagt Melanie Ziegler.
Beistand und Unterstützung brauchen in der letzten Lebensphase nicht nur die Bewohner, sondern auch die Angehörigen, die vom Thema Tod oft verunsichert sind. „Häufig ist auch Aufklärungsarbeit durch die Pflegekräfte nötig“, berichtet Melanie Ziegler.
| Angehörige mit einbeziehen
Zum Beispiel darüber, dass in dieser Phase Essen und Trinken nicht mehr im Vordergrund stehen. „Da ist es wichtiger, für Entspannung zu sorgen oder einfach nur da zu sein.“ Wenn Angehörige über Nacht bleiben wollen, kann ein Schlafsessel oder ein Bett im Zimmer aufgestellt werden. Und in der Seniorenwohnanlage am Hubland in Würzburg gibt es sogar ein eigenes Hospiz-Zimmer.

Die Senioreneinrichtungen des Landkreises sind mit Palliativ-Care-Fachkräften auf Sterbebegleitung ausgerichtet und verfügen über Räume, die beispielsweise mit einem Ruhesessel ausgestattet sind.
Weitere Informationen

Melanie Ziegler hat als Gesundheits- und Krankenpflegerin im Würzburger Juliusspital unter anderem auch praktische Erfahrung auf einer Palliativstation gesammelt. Nach ihrem Gesundheits- und Pflegemanagement-Studium kam sie zu den Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg, wo sie nun als Qualitätsmanagerin die Hospiz- und Palliativversorgung der einzelnen Einrichtungen koordiniert und die Pflegedienstleitungen vor Ort unterstützt. Im vergangenen Jahr hat sie unter anderem ein Palliative-Care-Team aufgebaut, Fortbildungen organisiert und Infomaterialien für Angehörige herausgegeben. „Ich finde es sehr spannend, etwas Neues aufzubauen, das die Lebensqualität der Bewohner verbessert“, so die 32-Jährige.