Gelebte Vernetzung in Würzburg
Kooperation HALMA e.V. und Pflegestützpunkt
Gelebte Vernetzung in Würzburg
Kooperation HALMA e.V. und Pflegestützpunkt
Herr M. nahm Kontakt auf zur Beratungsstelle HALMA e.V. in Würzburg. Seine Frau sei gestürzt, er benötige dringend Hilfe, er schaffe es nicht mehr alleine, seine Frau zu versorgen. Nach mehreren Telefonaten erfolgte ein Hausbesuch, um die Situation des Ehepaares in Augenschein zu nehmen. Frau M., ca. 80 Jahre alt, machte einen verwahrlosten Eindruck. Eine Sozialstation komme vier Mal täglich zur Medikamentenabgabe und täglich zur Körperpflege. Frau M. verweigere sich jedoch und schreie die ganze Zeit. Die Wohnung selbst befand sich in einem eher ungewöhnlichen Zustand, überall standen Gegenstände herum, lagen geöffnete und ungeöffnete Briefe.
Herr M., selbst pflegebedürftig mit Pflegegrad I, „pflegte“ seine Frau bereits seit Jahren. Die Kontaktaufnahme mit den Kindern ergab, dass die Tochter bereits ihre Schwiegermutter pflegt, die Übernahme einer weiteren Person sei ihr daher nicht möglich. Der Sohn habe seine Unterstützungsversuche aufgegeben, da der Vater zwar nach Hilfe rufe, wenn es konkret werde, sich aber sonst immer verweigere.
Mit Erlaubnis von Herrn M. wurde ein Praktikant des ASD des Kreiscaritasverbandes eingebunden. Er unterstützt ehrenamtlich Senioren bei Antragstellungen und ähnlichen Aufgaben. Er sortierte den Schriftwechsel bei Herrn M., um das Chaos abzubauen und auch, um einen Überblick über die finanzielle Situation des pflegebedürftigen Ehepaares zu gewinnen. Der dringendste Wunsch des Herrn M. konnte somit erfüllt werden. Eine gemeinsame Putzaktion mit den Kindern bildete die Grundlage, das Durcheinander abzubauen und die Familienbande zu stärken. Ferner sollte ausgelotet werden, ob die Kinder künftig als Unterstützer zugelassen würden.
Eine Angehörigenberatung der Kinder im Nachgang trug dazu bei, die innerfamiliären Ressourcen herauszufinden und abzuklären, ob der Sohn willens und fähig ist, sich auf die Erfordernisse der Eltern einzulassen oder ob eine amtliche Betreuung einzurichten ist. Die häusliche Situation offenbarte die Überforderung von Herrn M., die schriftlichen Belange zu steuern. Beraten wurde zur Vorsorgevollmacht, zur amtlichen Betreuung, aber auch zu möglichen Entlastungsangeboten für den Vater und zu den Leistungen der Pflegeversicherung.
Herr M. erlaubte die Kontaktaufnahme zum ambulanten Dienst, der die Behandlungspflege sowie die Körperpflege der Ehefrau übernimmt.
In mehreren Telefonaten mit den Kindern wurde deutlich, dass sie nur einen Bruchteil dessen wissen, wie sich die Lebenssituation der Eltern gestaltet. Mit der Unterstützung der Fachkollegin traue sich der Sohn zu, mehr Verantwortung für die Mutter zu übernehmen. Die Kinder wollten sich weiter bemühen, eine Versorgung mit den Eltern aufzubauen.
Folgendes Vorgehen wurde anvisiert: Zunächst sollte ein Facharzt besucht werden, um für die Mutter ein Medikament zum Abbau ihrer Ängste zu erhalten. Überlegt wurde ferner, die drei Besuche pro Woche in der Tagespflege zu reduzieren, weil die Mutter offensichtlich hiervon überfordert ist. Sinnvoller erscheint es, einen Alltagshelfer stundenweise in die Wohnung zu holen, der sich mit der Mutter beschäftigt.
Um den Vater weiter zu entlasten, kümmert sich der Sohn künftig um die finanziellen und schriftlichen Belange. Eine Reha-Maßnahme für den Vater mit paralleler Betreuung für die Mutter wurde mit dem Hausarzt angesprochen. Während dieser Zeit könnte das Ausräumen und Renovieren der Wohnung erfolgen. Über die Fachkollegen der Wohnberatung fand daher ein erstes Beratungsgespräch statt, bei dem Lösungsmöglichkeiten für eine altersgerechte Wohnung besprochen wurde. Um die Wohnung barrierereduziert anzupassen, werden Möbel umorganisiert und Teppiche und Stolperfallen entfernt. Zur Erleichterung der Pflege sollte ein Badumbau erfolgen. Die bestehende Badewanne würde durch eine bodengleiche Dusche ersetzt, das Waschbecken unterfahrbar angebracht und die Toilette entsprechend erhöht.
| Ein Hilfenetz aufbauen
Dieses Beispiel der gerontopsychiatrischen Behandlungspflege zeigt deutlich, wie im Einzelfall die Hilfeannahme erarbeitet wird. Im Mittelpunkt steht der Mensch mit einer psychiatrischen Erkrankung. Ihn gilt es zu stabilisieren und ihm ein Hilfenetz im häuslichen Bereich aufzubauen. Hinzugezogen werden die Kollegen, die zur Hilfestellung benötigt werden zum Beispiel Pflegeberater oder Wohnberater. Eine Fachkraft hält alle Fäden in der Hand, bis diese von Angehörigen übernommen werden.
In der Praxis zeigt sich, dass die vor fünf Jahren geplante und umgesetzte Kooperation von HALMA e.V. und dem Pflegestützpunkt für die Region Würzburg die richtige Entscheidung war. Durch kurze Wege kann Ratsuchenden so schnell und unbürokratisch geholfen werden.
Weitere Informationen
Die Beratungs-, Unterstützungs- und Vernetzungsstelle HALMA e.V. sowie der Pflegestützpunkt Stadt und Landkreis Würzburg verfügen über gemeinsame Büroräume. Daher ist ohne Aufwand die Einbindung der Pflegeberater des PSP bei leistungsrechtlichen Fragestellungen oder der Wohnberater bei nicht barrierefreier Bausubstanz der Wohnberatung der Stadt Würzburg oder des Landkreises Würzburg möglich.
Kontakt
HALMA e.V.
Bahnhofstraße 11, 97070 Würzburg, Tel. 0931/20781420
Pflegestützpunkt
Bahnhofstraße 11, 97070 Würzburg, 0931/20781414