Dringend gesucht: Hausärzte in Mainfranken
Dringend gesucht: Hausärzte in Mainfranken

Die Menschen werden heute immer älter. Das ist eine positive Entwicklung, die für eine gegenwärtig gute medizinische Versorgung und für vergleichsweise ausgezeichnete Lebensbedingungen spricht. Allerdings ergeben sich hieraus Herausforderungen, auf die die Gesellschaft reagieren muss: Wenn viele Menschen deutlich älter werden als früher, muss auch die ärztliche Versorgung dementsprechend organisiert werden. Deshalb haben die Gesundheitsregionplus, Stadt und Landkreis Würzburg, unterstützt vom Bayerischen Hausärzteverband, der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) und dem Ärztlichen Kreisverband Würzburg eine Umfrage zur hausärztlichen Nachwuchsförderung in der Region unter 290 Hausärzten durchgeführt.
Dabei ist herausgekommen, dass es zwar derzeit noch keine akute Unterversorgung gibt, wir aber mitten in einem Generationenwechsel stehen: „35 Prozent aller Hausärzte wollen in den nächsten fünf Jahren ihre Praxis abgeben, das sind rund 80 Ärzte, die unsere Region in den nächsten Jahren verlassen werden“, so Christian Kretzschmann von Gesundheitsregionplus, Stadt und Landkreis Würzburg. Gleichzeitig beobachtet man eine größer werdende Anzahl von festangestellten Ärzten, die eine geregelte Arbeitszeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in dieser Arbeitsform eher verwirklicht sehen. Deshalb gilt es, die Tätigkeit eines Hausarztes attraktiver zu gestalten und entsprechende Maßnahmen zielgerichtet, regional und vor allem frühzeitig einzuleiten, bevor es zu einer Unterversorgung kommen könnte. Folgende solcher Maßnahmen brachte die Befragung zutage: Verbesserung der Aus- und Weiterbildung, Betreuung von Selbstständigen, Stärkung des Images des Berufs, Ausbau der Verkehrsanbindung im Landkreis, Änderungen des Zulassungsverfahrens zum Medizinstudium, flexiblere Arbeitszeiten, um nur ein paar Punkte zu nennen.
Auch Dr. Christian Pfeiffer, selbst Facharzt für Allgemeinmedizin, kennt die Probleme. Er führt zusammen mit seinem Bruder und seiner Frau eine Praxis in Giebelstadt, die er von seinem Großvater und Vater übernommen hat. Da er in seiner Lehrpraxis der Universität Würzburg immer wieder mit Studenten arbeitet und sich berufspolitisch in mehreren Institutionen engagiert, kennt er die gegenwärtige Situation nur zu genau.
Dr. Christian Pfeiffer
Dr. Pfeiffer ist Facharzt für Allgemeinmedizin, niedergelassen in Giebelstadt in einer Gemeinschaftspraxis zusammen mit seinem Bruder und seiner Frau und das seit über 20 Jahren. Die Praxis wurde schon von seinem Großvater und später seinem Vater geführt. Heute sind dort eine angestellte Ärztin und eine Weiterbildungsassistentin beschäftigt. Die Praxis ist Lehrpraxis der Uni Würzburg und hat daher auch immer wieder Studenten, die Erfahrungen sammeln können. Berufspolitisch ist Pfeiffer tätig als Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands in Unterfranken und als regionaler Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) für den Bereich Hausärzte in Unterfranken sowie als Delegierter der Bayerischen Landesärztekammer.

gesund+gepflegt: Es wird das Grundproblem angesprochen, für den gesellschaftlichen Wandel zu wenige Hausärzte zu haben. Wäre es nicht auch erstrebenswert, auf eine weitere Aufweichung des Numerus Clausus (NC) hinzuwirken?
Dr. Christian Pfeiffer: Der Bay. Hausärzteverband und auch die KVB sprechen das Problem des NC bei allen politischen Gesprächen auf allen Ebenen stets an und versuchen, eine Änderung hinsichtlich des starren NC zu erzielen. Ein Ergebnis davon ist z. B. die Landarztquote, für die sich Frau Ministerin Huml in Bayern ja stark gemacht hat.
Inwieweit hat die Studierendenauswahl nach NC zur gegenwärtigen Situation geführt?
Aus Gesprächen mit Kollegen konnte man öfters hören, dass es Kindern von Ärzten, auch Landärzten, aufgrund des hohen NC nicht möglich war, ein Medizinstudium aufzunehmen und die elterliche Praxis zu übernehmen. Auch die hohe Quote an Medizinstudentinnen ist eine Folge des NC, da Mädchen oft fleißiger und damit besser in der Schule sind. Allerdings übernehmen Kolleginnen weniger oft eine Praxis, sprich auch eine große Landpraxis, in Vollzeit. (Doppelbelastung Familie und Beruf)
Wurde in der Vergangenheit eine bestimmte Form von Ärzten "herangezüchtet", die nur wenig Affinität zu einer hausärztlichen Tätigkeit hat?
Ja, die Ausbildung in den Universitäten war nicht gerade „hausarztbegeisternd“. Es gab keine Lehrstühle für Allgemeinmedizin und die Studierenden kamen kaum mit der hausärztliche Tätigkeit in Berührung. Vielleicht führt ein NC von 1,0 auch manchmal zur Einstellung, man muss dann ein hochspezialisierter Wissenschaftler werden.
Was steckt hinter dem Drang in Richtung Festanstellung? Wirken dem nichtb hierarchische Strukturen an den Kliniken etwas entgegen?
Festanstellung wird mit weniger Bürokratie, geregelter Arbeitszeit, kein unternehmerisches Risiko und ähnlichen, vermeintlichen Vorteilen in Verbindung gebracht. Aber die Arbeit in der Praxis als niedergelassener Arzt lässt einem viel mehr eigene Gestaltungsmöglichkeiten als die starren Strukturen in der Klinik, so dass eigentlich die Praxis, auch die eigene Praxis, aus meiner Sicht immer mehr Vorteile bietet als die Anstellung im Krankenhaus.
Wie könnte die neue Idee eines Gemeinschaftspraxismodells konkret funktionieren?
Die Idee für Berufsausübungsgemeinschaften ist ja nicht neu. Neu ist, dass die Veränderungen der letzten Jahre dafür sorgen, dass sich viel mehr Ärzte Gedanken darüber machen und sich zusammenschließen. Diese größeren Praxiseinheiten bieten dann die Vorteile einer flexibleren Arbeitszeit, dem kollegialen Austausch, der Arbeitsteilung usw. Es braucht aber immer einen Initiator und jemanden, der sich um das Management kümmert.
Wie könnte man schon junge Medizinstudenten von einer Hausärztetätigkeit überzeugen?
Frühzeitige Berührung mit der Hausarztpraxis in der Studienzeit in der Uni. Positive Darstellung der Tätigkeit als niedergelassener Arzt in der Presse. Ich glaube, kein niedergelassener Arzt möchte wieder zurück ins Krankenhaus zum Arbeiten.
Gibt es auch Bestrebungen, neben der Förderung von mehr allgemeinmedizinischen Arztpraxen, auch fachärztlich tätige Praxen (z. B. bei Internisten gut möglich) zu einer vermehrt hausärztlichen Tätigkeit zu motivieren?
Wir haben schon viele hausärztlich tätige Internisten. Viele Internisten wollen nicht ihre Spezialisierung aufgeben, was sie zwangsläufig müssten, wenn sie sich für die hausärztliche Tätigkeit entscheiden. Es gibt aber das Konzept für Quereinsteiger. Das sind Kollegen, die eine andere Facharztausbildung abgeschlossen haben und sich jetzt aber für eine hausärztliche Tätigkeit interessieren. Diesen wird ein großer Teil ihrer Ausbildung angerechnet und sie müssen aber noch die Ausbildungszeit in der Hausarztpraxis nachholen. Dann können sie die Facharztprüfung zum Allgemeinarzt nachholen und als Hausarzt tätig werden.

Weitere Infos
Unterstützung für angehende Hausärzte – Seminar „Fit für die Praxis“ Um jungen Allgemeinmedizinern den Einstieg in die Selbstständigkeit zu erleichtern, hat die „Region Mainfranken GmbH“ das Seminarprogramm „Fit für die Praxis“ in enger Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Unterfranken und dem Bayerischen Hausärzteverband konzipiert, welches mittlerweile zum dritten Mal stattfindet. Die angehenden Hausärzte profitieren von dem Know-How der Referenten zu steuerlichen, arbeitsrechtlichen und vertragsrechtlichen Themen, zu Rechten und Pflichten bei der Patientenbehandlung. Auch das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU) beteiligt sich: Prof. Dr. Schraml (Vorstand des KU) und Frau von Vietinghoff-Scheel (Justiziarin des KU) vermitteln als Referenten die „Rechte und Pflichten bei der Patientenbehandlung“.